VKB Magazin 2/22

über den „Energiebalkon“ geladen werden, agieren als Carsharing-Speicher. Strom, der tagsüber produziert wird, kann am Abend im Haushalt eingesetzt werden. „Ich koche mit dem Strom aus dem Auto.“ Pichlbauer denkt Produkte zu Ende: „Uns geht es nicht darum, dass wir wieder zurück auf den Baum müssen, sondern dass wir vernünftig und marktwirtschaftlich agieren können. Der Mikrokosmos Innovametall zeigt wie ein Labor vor, was alles geht. Produkte müssen skalieren. Vie- le Firmen denken nur an das nächste Quartal. Die gesamte Wirtschaft setzt auf eine Finanzierung, die aus der Vergangenheit stammt. Plötzlich gibt es eine Eruption und alle sagen: ‚Das konnte man nicht vorhersehen.‘ Doch, konnte man! Man weiß es schon seit 50 Jahren.“ Klimaneutrale Produkte sorgen für Nachhaltigkeit Alle Produkte werden auf ihren positiven Impact gecheckt und sogar über ihre Funktionsdauer hinweg. „Balkone müssen alle 30 Jahre saniert werden. Wir haben sie so gestaltet, dass der Rückbau so einfach ist wie der Einbau, danach werden unsere Produkte recycelt.“ Es ist das Mindset des Unternehmens, sich stets an Nach- haltigkeit zu orientieren, die weiter geht. Fehlt es etwa an vernünftigen klimaneu- tralen Transportgeräten, so werden diese einfach entwickelt wie der Tri Mover. Das dreirädrige E-Lastenfahrzeug wurde von null auf konzipiert, konstruiert und gebaut. Es diente anfangs als betriebsinternes Transportfahrzeug, ist aber bereits im Praxistest auf den Straßen Freistadts unter- wegs. „Man kann Lasten transportieren, es kann nicht umfallen und man ist wendig und schnell unterwegs.“ Für Pichlbauer hat der „unkaputtbare“ Tri Mover das Poten- zial, ein Zweitauto zu ersetzen. „Der Testbetrieb läuft bei zwei namhaften Unterneh- men und wir haben zwei zum Verleihen angeboten. 400 Personen haben sich in drei Monaten registriert.“ Unabhängigkeit als Lebenseinstellung Doch wie kam es zu diesem Mindset – g er a l b eb es ni f s ü “ r ? P „ ic N h e lb in au . e U r n ei a n b e h A än rt g „ ig E k r e w it eck is u t n f g ü s r mich auch persönlich essenziell. Ich möch- te in einer (angst-)freien Gesellschaft leben, mit wenig Vorschriften. Im Ener- giebereich waren wir aber immer abhängig. Wenn das Gegenüber weiß, dass ich 100 Prozent abhängig von ihm bin, bin ich in einer Verliererposition. Unabhängi- ge sind daher immer in einer besseren Verhandlungsposition.“ In einer solch guten Position möchte er auch bleiben. Pichlbauer hat seine Fühler stets nach noch effizienteren und nachhaltigeren Technologien ausgestreckt und er wird mit Gleichgesinnten im „Gluatnest“ weitere Ideen ausbrüten. n VKB|BANK 33 32 VKB|BANK FOTOS: INNOVAMETALL FOTOS: INNOVAMETALL, MARTIN PRÖLL COVERSTORY COVERSTORY Frage des Investments.“ Ein Investment, das dem VKB-Firmenkunden einen viel schnelleren ROI beschert hat als geplant. „Die aktuelle Situation spielt da natürlich in die Hände. Ich schaue mir im Betrieb stetig die permanenten laufenden Kosten an, etwa die Energiekosten. Diese waren bisher scheinbar niedrig. In Deutschland waren sie aber schon immer fast doppelt so hoch wie bei uns. Dann kommen auch noch das Ende des Verbrenners und der Ausstieg aus fossilen Energien zur Stromgewinnung. Es war also schon lange vor dem Ukraine-Krieg absehbar, dass die Strompreise steigen würden.“ Und es war damit für den 46-Jährigen klar, etwas dagegen zu unternehmen. Eine riesige PV- Anlage, die nicht nur im Sommer, sondern auch im Winter bis zu achtmal so viel Strom produziert, als das Unternehmen benötigt, wurde installiert. Doch der Über- schuss darf nicht verkauft werden. „Wir reden immer davon, dass man alle Dächer mit PV-Anlagen zupflastern soll, und wenn man es machen möchte, kommt der Ener- gieversorger und sagt, du darfst nicht. In Freistadt produzieren wir 2 MW und dür- fen aber nur 500 kW ins Netz einspeisen. Das Argument: Das Netz hält das nicht aus.“ Was macht man nun mit dem Überschuss? Innovametall kaufte Elektroautos, um die Energie in ihren großen Batterien zu speichern. „Die Autos haben riesige Speichervolumen. Ein durchschnittlicher Zweipersonenhaushalt verbraucht im Jahr zwischen 2.000 bis 2.500 kW/h Strom. Das sind zwischen 25 und 30 Ladevorgänge eines durchschnittlichen E-Autos. Mit einer Vollladung kann ich zwei Wochen lang einen solchen Haushalt betreiben.“ Die Autos kosten dabei in etwa gleich viel Geld wie vergleichbare statio- näre Speicher. „Ein Auto steht 23 Stunden am Tag, so steht es als Akku, dessen Energie wieder in die Firma oder in das Haus der Mitarbeiter zurückfließen kann.“ Ressourcenschonung pur Doch damit nicht genug: Innovametall verwertet zum Heizen des Betriebsgebäudes in Freistadt Abfallholz, Verpackungsmaterial oder Paletten, die geschreddert und in der Biomasseanlage verfeuert werden. „Die zweite Säule nutzt den PV-Strom-Über- schuss zur Warmwasseraufbereitung. Das passt zur Pulverbeschichtungsanlage, wo wir auf zwei Mikro-Gasturbinen setzen. Sie können Erdgas, Biogas und Wasserstoff verfeuern. Wir wollen Biogas einsetzen, die uns Landwirte in der Region liefern können. Der in den E-Autos gespeicherte Überschussstrom wird für die Wärme- rückgewinnung über die Wärmepumpe genutzt. Damit verdreifachen wir den Wir- kungsgrad im Vergleich zur elektrischen Direktheizung.“ Der 500 m3 große Ge- brauchswassertank speichert Wasser für den Vorlauf der Wärmepumpe und dient als Vorlauf für die Wärmepumpe, die im Sommer kühlt und im Winter heizt. „Ich will mit all den Maßnahmen beweisen, dass auch ein energieintensiver Gewerbe- betrieb absolut klimaneutral geführt werden kann und dass unsere intelligenten Produkte nicht nur klimaneutral produziert werden, sondern auch in ihrer Funk- tion der Klimaneutralität dienen können.“ Vom „Energiebalkon“ zum „Safety Deck“ Produkte, wie Balkonkraftwerke mit integrierten PV-Modulen, produzieren Energie für E-Mobilitätskonzepte bis hin zu Carsharing, die Innovametall seinen Kunden gleich frei Haus mitliefert, etwa mit dem Safety-Deck. E-Autos, welche das unternehmen INNOVAMETALL beschäftigte sich in den 1990er Jahren mit Wartehäuschen, Fahrradständern und Stadtmöblierung. Klaus Pichlbauer stieß eher zufällig zum Unternehmen, doch er blieb. 2011 übernahm er die Geschäfte im Zuge eines MBOs (ManagementBuy-outs) und startete einen Expansionskurs. Mittlerweile ist das Unternehmen mit Hauptsitz in Freistadt zum Visionär für urbanen Wohnbau geworden. Aus Radabstellplätzen wurden smarte Mobilitätshubs, aus Balkonen Energiestationen. Alle Produkte besitzen einen Mehrwert, der unsere Welt zum Besseren verändern soll. Plötzlich gibt es eine Eruption und alle sagen: ‚Das konnte man nicht vorhersehen.‘ Doch, konnte man! Man weiß es schon seit 50 Jahren. Klaus Pichlbauer ENERGIEGELADEN. Klaus Pichlbauer begann bei Innovametall als Techniker, wurde Geschäftsführer und übernahm das Unternehmen via Management-Buy-out. Seitdem liegt der Fokus voll auf Nachhaltigkeit. Wir reden immer davon, dass man alle Dächer mit PV-Anlagen zupflastern soll – und wenn man es machen möchte, kommt der Energieversorger und sagt, du darfst nicht. Klaus Pichlbauer TRI MOVER. Der elektrische Tri Mover ist eine nachhaltige Entwicklung von Innovametall und hat das Potenzial, Zweitautos zu ersetzen. PHOTOVOLTAIK. Innovametall produziert mittels PV-Anlagen bereits achtmal mehr Strom, als das Unternehmen selbst verbraucht und ist damit komplett energieunabhängig von Dritten. Mit dem Reststrom werden E-Autos „betankt“ oder es wird Warmwasser aufbereitet.

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